Das Kostenerstattungsverfahren
Sonderfall Kostenerstattung bei Heilpraktikerleistungen
In Regionen mit besonders ausgeprägtem Mangel an approbierten psychologischen PsychotherapeutInnen und daraus resultierenden unzumutbar langen Wartezeiten, bekannt sind bis zu 12 Monate, sind die gesetzlichen Krankenkassen in der Praxis dazu übergegangen in einzelnen Ausnahmefällen auch die Kosten für psychotherapeutische Behandlungen durch Heilpraktiker für Psychotherapie per Kostenerstattung zu übernehmen.
Wir empfehlen gesetzlich versicherten Hilfesuchenden, die in Regionen mit derart langen Wartezeiten bei approbierten Psychologischen Psychotherapeuten einen Therapieplatz suchen, sich bei ihrer Krankenkasse nach den genauen Bedingungen für eine Kostenerstattung bei einer Heilpraktiker-Behandlung zu erkundigen.
Die folgenden rechtlichen Hintergrundinformationen klingen erst einmal ziemlich bürokratisch, aber mit den anschließenden Tipps und Hinweisen sowie der Unterstützung des Psychotherapeuten, bei dem die Behandlung stattfinden soll, ist der Antragsprozess in den meisten Fällen gut zu bewältigen. Wichtig zu wissen ist auch, dass den gesetzlich Versicherten über das Kostenerstattungsverfahren hinsichtlich der Behandlungsqualität keine Nachteile entstehen. Vielmehr erhalten sie die gleichen Behandlungsmethoden von identisch qualifizierten approbierten Psychologischen oder Ärztlichen Psychotherapeuten (ohne sogenannten Kassensitz), wie wenn sie einen Therapieplatz bei einem Psychotherapeuten mit Kassensitz, der direkt mit den GKVen abrechnen kann, gefunden hätten. Hinsichtlich der Behandlungskosten entstehen den Versicherten in der Regel auch keine finanziellen Nachteile. Allerdings ist es empfehlenswert, sich bei potenziell in Frage kommenden Psychotherapeuten vor dem Erstgespräch nach den finanziellen Bedingungen einer Psychotherapie im Kostenerstattungsverfahren zu erkundigen, da einige Anbieter das Erstgespräch berechnen oder einen höheren als den erstattungsfähigen Satz abrechnen.
Rechtlicher Hintergrund der Kostenerstattung
Grundsätzlich müssen gesetzliche Krankenkassen (GKV) eine flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe Versorgung ihrer Versicherten gewährleisten. Darüber hinaus müssen sie rechtzeitig für die notwendige Behandlung ihrer Versicherten sorgen.
Falls Sie trotz angemessener Suchaktivitäten bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten nur nach einer unzumutbar langen Wartezeit einen Therapieplatz finden, ist Ihre GKV nicht in der Lage, diesen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. In diesen Fällen haben Sie das Recht, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Die Kosten, die Ihnen durch diese selbst beschafften Leistungen entstehen, muss die GKV erstatten. Dieser Anspruch ist in § 13 Absatz 3 SGB Vgesetzlich geregelt und gilt gegenüber allen GKVen.
Tipps der Psychotherapeutenkammer
Folgende konkrete Tipps zum Vorgehen bei der Antragstellung gibt die Bundespsychotherapeutenkammer, damit die GKV die Kosten übernimmt:
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Kontaktieren Sie zuerst möglichst viele von Kassen zugelassene Psychotherapeuten in Wohnortnähe und fragen Sie nach einem freien Behandlungsplatz. Wenn Sie zeitnah einen Termin erhalten, nehmen Sie ihn wahr.
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Da Sie nachweisen müssen, dass keine rechtzeitige Behandlung bei Psychotherapeuten mit Kassenzulassung möglich war, protokollieren Sie Ihre Anrufe (Name, Datum, Uhrzeit und frühestmöglichen Behandlungstermin). Üblicherweise reichen hier Anfragen bei 3 bis 5 Behandlern.
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Teilen Sie Ihrer Krankenkasse schriftlich mit, dass kurzfristig kein Therapiebeginn bei einem zugelassenen Psychotherapeuten in Wohnortnähe möglich war. Legen Sie dem Schreiben Ihr Anrufprotokoll bei und bitten Sie Ihre Kasse, Ihnen im Rahmen einer angemessenen Frist (z.B. eine Woche) einen Psychotherapeuten mitzuteilen, bei dem Sie zeitnah einen Termin in Wohnortnähe erhalten.
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Nach Verstreichen dieser Frist suchen Sie einen approbierten Psychotherapeuten ohne Kassenzulassung. Diesen bitten Sie um eine schriftliche Bestätigung zur Weitergabe an Ihre Krankenkasse, dass für Sie eine umgehende Behandlung notwendig ist und er Ihnen kurzfristig einen freien Therapieplatz anbieten kann.
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Anschließend beantragen Sie bei Ihrer Krankenkasse die konkrete Behandlung durch diesen Psychotherapeuten sowie die Erstattung der dafür notwendigen Kosten nach § 13 Absatz 3 SGB V.
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Wird der Antrag auf Kostenübernahme von der Krankenkasse abgelehnt, kann der Versicherte Widerspruch einlegen. Ein Musterschreiben findet sich im BPtK-Ratgeber Kostenerstattung.
Mehr Freiheit bei Therapeuten- und Methodenwahl
Unabhängigkeit vom Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherungen
In vielen Fällen ist eine Bezahlung der Psychotherapie durch die gesetzliche Krankenkasse nicht möglich oder von Hilfesuchenden gar nicht gewünscht. Dann können sie eine Psychotherapie selbst bezahlen oder, falls vorhanden, auf eine Krankenzusatzversicherung, die Heilpraktikerleistungen beinhaltet, zurückgreifen.
Selbstzahler
Es hat auch einige Vorteile für die Betroffenen, wenn sie die Kosten für eine Psychotherapie und von HeilpraktikerInnen erbrachte psychotherapeutische selbst bezahlen.:
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In aller Regel erhalten Hilfesuchende als Selbstzahler sofort einen Therapieplatz, da sie bspw. nicht auf ein Gutachten für die Bewilligung der Kostenerstattung durch die Gesetzliche Krankenkasse warten müssen.
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Freie Methodenwahl: Den Hilfesuchenden stehen hierbei deutlich mehr Methoden für eine psychotherapeutische Behandlung zur Verfügung als die von den Gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Verfahren. Hier empfehlen wir, schon vor Therapiebeginn auf die Wirksamkeit einer Methode hinsichtlich der zu behandelnden Störung zu achten.
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Freie Wahl der Dauer der einzelnen Therapiesitzungen, die nicht auf 50 Minuten beschränkt sein muss, sondern auch 75 oder 90 Minuten dauern kann, sowie der Anzahl und Häufigkeit der Therapiesitzungen. Der Klient alleine bestimmt also wie lange die Therapie dauert und wie intensiv diese sein soll.
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Der Start in eine Therapie wird nicht durch Bürokratie und Verwaltungsaufwand für die Beantragung einer Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenkasse erschwert.
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Wenn die Therapie selbst bezahlt wird erfährt die Krankenkasse nichts davon. Es erfolgt keine Diagnosehinterlegung bei einer Kasse. Das wiederum kann Vorteile beim Abschluss von anderen Versicherungen haben.
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Die Kosten für selbstbezahlte Behandlungen sind als Außergewöhnliche Belastungen auch steuerlich absetzbar.
Bezahlung einer Psychotherapie auf Basis von Krankenzusatzversicherungen für Heilpraktikerleistungen
Auch hier gilt: Kostenübernahme bei Psychotherapie vorher abklären
Wenn Hilfesuchenden eine psychotherapeutische Behandlung bei einem Heilpraktiker vorschwebt, sollten Therapie-Interessierte unbedingt vor dem Behandlungsbeginn mit ihrer Krankenzusatzversicherung abklären, ob die - bei Psychotherapie in der Regel hohen - Kosten übernommen werden.
Obwohl gute Zusatzversicherungen in diesem Bereich häufig leisten, sind komplizierte Einschränkungen nicht ausgeschlossen. Daher ist es wichtig, sich vor Therapiebeginn eine schriftliche Kostenübernahmeerklärung der Krankenzusatzversicherung zu besorgen und diese wiederum mit dem Heilbehandler vor Behandlungsbeginn besprechen.
Es ist sinnvoll, die Zusatzversicherung frühzeitig abzuschließen, denn die Wartezeit für Psychotherapie beträgt ab Vertragsbeginn acht Monate.
Mehr hierzu bei: http://www.finanztip.de/ambulante-zusatzversicherung/#ixzz42QCMRZ8g